Tanz auf dem Vulkan

618

ZEITPORTRÄT I — Zwischen »Goldenen Zwanzigern« und heraufziehendem Nationalsozialismus spielt der Musical-Klassiker »Cabaret«, der nicht zuletzt durch die oscarprämierte Verfilmung mit Liza Minelli Kult geworden und nun erstmals auch am DNT Weimar zu erleben ist.

(Grafik: grafikdesignerinnen / Griesbach & Tresckow)

»Willkommen, Bienvenue, Welcome!« in der pulsierenden Metropole Berlin am Beginn der 1930er Jahre, deren weltoffener Ruf so manchen Fremden auf der Suche nach Glück und Ruhm anlockt. Und natürlich im legendären Kit Kat Klub, in dem man nächtliche Zerstreuung vom oft entbehrungsreichen Alltag findet. In dieses Milieu zwischen Vergnügungssucht, Dekadenz und Wollust einerseits, existenziellen Nöten und dem brodelnden politischen und geistigen Klima der untergehenden Weimarer Republik andererseits, entführt das Musical »Cabaret« von Joe Masteroff, John Kander und Fred Ebb. 

Hier begegnen sich der amerikanische Schriftsteller Cliff Bradshaw und die Nachtklub-Sängerin Sally, die jeden Abend mit ihrer Stimme und Ausstrahlung die Gäste in ihren Bann zieht. Die beiden werden ein Paar und zunächst scheint ihnen eine glückliche Zeit beschert. Doch es deuten sich bereits Zeichen eines epochalen historischen Umbruchs an: Berlins inspirierender internationaler Charme verblasst und einst zugewandte Menschen salutieren bald in braunen Uniformen. Die sich abzeichnende Machtergreifung der Nationalsozialisten lässt Cliff an einem Leben in Deutschland zweifeln, während Sally an ihrem Traum festhält, ein Star zu werden …

Auch musikalisch spiegelt sich in diesem Zeitporträt der ausgehenden Berliner »Roaring Twenties« der sprichwörtliche Tanz auf dem Vulkan wider: Die von Ragtime, frühem Jazz und den Revuen der 1920er Jahre inspirierten Klangbilder fangen eindringlich das Lebensgefühl einer bewegten Epoche und einer Gesellschaft ein, die unaufhaltsam auf den Abgrund zusteuerte. Dabei strotzen einige der Nummern vor Glamour, Albernheit und Effekten, andere wiederum berühren zutiefst oder geben einen ahnungsvollen Ausblick, auf das was schon bald folgen sollte.

Cabaret
Premiere: 03.10.2020,
19.30 Uhr, Großes Haus
Vorstellungen:
10., 16. und 23.10., 07., 08. und 14.11.2020;
weitere in Planung