Sie brauchen dieser dunklen Tage mal wieder frische Lektüreideen? Wissen wieder einmal nicht, was verschenken an Weihnachten? Ein Buch geht immer – und Vorschläge haben wir reichlich. Bis zum 24. Dezember öffnen wir hier täglich ein weiteres Türchen, um Ihnen eines jener Bücher mit dem besonderen Etwas vorzustellen, die dieses Jahr das Licht der Welt erblickt haben. Kommen Sie mit uns auf Adventslese – möglicherweise werden Sie ja fündig. Hinter Türchen Nr. 23 zum Vorschein kommt:
Margaret Atwood: »Die Kunst des Kochens und Auftragens«
Kultautorin als variantenreiche Kurzgeschichtenerzählerin
Weit über ein Dutzend Romane, ein Vielfaches an Erzählungen und Kurzgeschichten, Gedichte, Sachbücher, Kinderbücher und noch so manchen Text mehr – was hat Margaret Atwood nicht schon alles veröffentlicht; was hat die 1939 geborene Grande Dame der zeitgenössischen Literatur nicht schon alles an renommierten Preisen verliehen bekommen für ihr herausragendes schriftstellerisches Werk. Gleich mehrfach mit dem Booker Prize, ebenso mit dem Nelly-Sachs-Preis, dem Pen-Pinter-Preis, dem Dan-David-Preis, dem Arthur-C.-Clarke-Preis, zuletzt sogar mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse wurde sie in den zurückliegenden Jahren geehrt. Kaum überraschend wird ihr Name auch schon seit mehreren Jahren als potenzielle Kandidatin für den Literatur-Nobelpreis gehandelt. Der ging zwar bekanntlich auch 2021 nicht an sie, doch es gibt ja ein nächstes, zur Not auch ein übernächstes Jahr, um den Preisreigen für die kanadische Schriftstellerin zu komplettieren. Derweilen können sich deutschsprachige Fans alljährlich über jede Menge neuen Lesestoff der Vielschreiberin freuen: Nach einer Streifzug durch ihr lyrisches Werk in „Die Füchsin“ und einem ausführlichen Ausflug in die kanadische Literatur mit „Survival“ ist mit „Die Kunst des Kochens und Auftragens“ diesen Herbst ein Buch erschienen, das dem Titel nach auf eine vermeintlich neue Leidenschaft Atwoods verweisen mag, tatsächlich jedoch eine erstklassig zusammengestellte Sammlung ihrer Kurzgeschichten enthält. Erstklassig deshalb, weil der Band in bester (und damit ist wirklich ‘bester‘ gemeint) Best-of-Manier 33 handverlesene Stories der insgesamt mehr als 150 Kurzgeschichten präsentiert, die Margaret Atwood im Laufe ihrer schriftstellerischen Laufbahn verfasst hat – und genau so ausgewählt wurden, dass sie die Autorin in all ihrer vielgepriesenen Vielseitigkeit exemplarisch perfekt widerspiegeln. Natürlich finden sich darunter ebenfalls ‘typische‘ Atwood-Geschichten, in denen es um Zukunftsvisionen unserer Gesellschaft oder um Science Fiction (inklusive außerirdischem Leben) geht, natürlich findet auch das Verhältnis von Mann und Frau Eingang in diese Kompilation. Darüber hinaus kann die Ausnahmeautorin aber auch genauso gut in märchenhaften Geschichten oder solchen, in denen die rau-schöne Wildnis Kanadas zur Protagonistin wird. Echte Atwood-KennerInnen erkennen zudem in der Titelstory natürlich auch sofort die Referenz zu „Der Report der Magd“ – mit der Kurzgeschichte „Die Kunst des Kochens und Auftragens“ liefert die Autorin ein eindrucksvolles, überaus lesenswertes Gegenstück zu ihrem Kultroman von 1985.
Mit seinen mal poetischen, mal ironisch-sarkastischen, mal subtilen, visionären, märchenhaften, anklagenden oder aufrüttelnden Geschichten, von denen ein gutes halbes Dutzend übrigens erstmalig in deutscher Übersetzung vorliegt, dürfte dieses im Berlin Verlag erschienene, großartig editierte Lesebuch gleichermaßen langjährige Margaret-Atwood-Fans wie auch Erstleser der Meistererzählerin abholen. Verschenken oder selbst lesen – beides lohnt unbedingt.