Die Geschichte hinter der Geschichte

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Auf der Bühne des Theaterhauses werden im Februar vergessene Mythen wieder zum Leben erweckt! Mona Vojacek Koper und Henrike Commichau alias hashtagmonike tauchen in ihrer letzten Inszenierung am Theaterhaus Jena ein in die fabelhafte und spannende Welt der göttlichen Wesen. Wir schauten einmal im Proberaum vorbei.

Kennen Sie Demeter, die griechische Göttin des Getreides? Demeter ist zuständig für die Fruchtbarkeit der Erde, des Ackerbaus, der Ernte und der Saat. Ihre Tochter Persephone wurde von Hades in die Unterwelt entführt, weshalb Demeter weinend und voller Sorge über die Felder ging. Erschöpft von der Suche nach ihrem Kind war niemand imstande, sie aufzuheitern oder gar zum Lachen zu bringen – was sich so langsam zum Problem entwickelte. Denn von Demeters Willen hing es ab, ob die Erträge reichlich waren und die Menschen genug zu Essen hatten. Doch dann tauchte mit Baubo plötzlich eine mythische Figur auf und hob aus dem Nichts ihren Rock, um sich zu entblößen. Ein vermeintlich derber Scherz – der aber funktionierte! Demeter lachte über Baubos Handlung und fand so zumindest etwas Trost.

Eine Geschichte – viele Kulturkreise

„Diese mythische Schilderung war der Ausgangspunkt für unser neues Stück“, sagt Henrike Commichau, Teil des Theater-Duos hashtagmonike, welches die Inszenierung in gewohnt unterhaltsamer, spannender und informativer Form auf die Bühne bringen wird. „Die Geschichte wird nämlich in vielen Kulturkreisen erzählt, nur die Namen der Protagonistinnen sind verschieden. Wir finden diese Darstellung zum Beispiel in Anatolien, Mesopotamien, Ägypten und sogar in Japan wieder. Das ist ziemlich faszinierend.“

Mona Vojacek Koper, der andere Part hinter hashtagmonike, ergänzt: „Wir möchten alte Sagengeschichten aufgreifen, die in der Vergangenheit nicht weitererzählt oder umgedeutet wurden. Oftmals wurden weiblich konnotierte Gottheiten in späteren Erzählungen einfach in männliche umgewandelt – wieso eigentlich? Warum wurden mächtige Frauen in den Erzählungen auf einsame Inseln verbannt oder sind in Vergessenheit geraten? Etwa aus Angst vor starken Frauenbildern?“

Henrike Commichau (links) und Mona Vojacek Koper alias hastgamonike.
Foto: Felix Adler

Um Antworten auf diese und andere Fragen zu erhalten, begeben sich hashtagmonike gemeinsam mit den Schauspielerinnen Linde Dercon und Anna K. Seidel als Sirenen auf kleine Inselchen – wie auch in der letzten Inszenierung der Theatermacherinnen in Szene gesetzt von Florian Schaumberger. Auf diesen Inseln suchen sie nun collageartig nach verschiedenen weiblichen Gottheiten, um sie mit heute noch gängigen Weiblichkeitsbildern zu verknüpfen. Dabei sind die Figuren der Sirenen nicht zufällig gewählt: sie gelten auf der einen Seite als allwissend und betörend, auf der anderen Seite aber auch als gefahrvoll für jeden, der ihnen zu Nahe kommt – eine passende Analogie zum Thema des Stückes.

Verzweigte Mythologie

Sich einen Überblick über all die Verzweigungen der Gottheiten zu erarbeiten, ähnelt einer Mammutaufgabe. Auch Henrike Commichau und Mona Vojacek Koper haben eine Menge recherchiert, um Ordnung in das verwobene Geflecht aus mythischen Figuren zu bringen. Im Proberaum liegen dazu zahlreiche Bücher aus Wissenschaft, Kunst und Prosa, die zum Teil erstaunliche Querverbindungen zwischen den Göttern und Göttinnen und ihren unzähligen Kindern zu Tage brachten.

Lustig und spannend zugleich ist auch eine Begebenheit, welche durch Zufall bei den Proben ans Licht kam: die vier Schauspielerinnen mussten in ihren jeweiligen Schauspielschulen ganz unabhängig voneinander berühmte weibliche Rollen aus der griechischen Mythologie spielen – Figuren, die entweder schreckliche Dinge tun oder denen furchtbare Dinge angetan wurden. Mona Vojacek Koper schmunzelt über diesen Umstand und fragt sich zugleich: „Warum haben diese Figuren auch heute noch einen so hohen Stellenwert? Beeinflussen die alten Sagen unsere Handlungen immer noch, wir sind uns dessen aber gar nicht bewusst?“

Zugegeben: die scheinbar undurchdringliche Welt der Mythologie klingt zunächst vielleicht etwas verwirrend. Doch keine Sorge, auf der Bühne wird von einem etwaigen Durcheinander nichts zu spüren sein. Demeter’s LOL Chronicles wird witzig, dynamisch, klug und unterhaltsam. Und musikalisch, denn die Schauspielerinnen gründeten für das Stück extra eine Sirenen-Coverband: HALM (zusammengesetzt aus den Anfangsbuchstaben der beteiligten Schauspielerinnen Henrike, Anna, Linde und Mona). Welche Songs die Fabelwesen so bevorzugen – zu sehen im Februar im Theaterhaus Jena!

Mystic Vibes: Demeter’s LOL Chronicles: am 07.02. (öffentliche Probe), 08.02. (Premiere), 09.02., 10.02., 22.02., 23.02. und 24.02. um jeweils 20 Uhr im Theaterhaus Jena. Weitere Informationen sowie Karten sind zu finden unter www.theaterhaus-jena.de!

Übrigens: hashtagmonike sind aktuell auch in der arte-Mediathek im Magazin Twist zum Thema „Freundschaft“ zu sehen!

YouTube-Originallink

Dieser Text erschien (ohne den Hinweis auf die arte-Dokumentation) in der Februar-Ausgabe 2024 (Nr. 156) im Stadtmagazin07.
Teaserfoto: Eva Luise Hoppe