Tanztheater: Theater in Bewegung – Auf der Suche nach Identitäten

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Tanz ist eine wunderbare und intensive Form, um der Suche nach Identitäten Ausdruck zu verleihen. Das Tanzfestival „Theater in Bewegung“, welches vom 03.11. bis zum 11.11.2023 in Jena zu erleben ist, bietet eine feine und erlesene Auswahl an Choreografien zum Thema. Wir stellen die Stücke einmal näher vor.

Den Auftakt übernimmt die Frankfurter Choreografin Joana Tischkau mit ihrem Programm „Playback“. Darin geht es zunächst auf eine kleine Zeitreise, denn Tischkau kopiert eine der erfolgreichsten Shows der 90er Jahre: die Mini Playback Show. In dieser ahmten Kinder ihre musikalischen Vorbilder nicht nur im Gesang, sondern auch im Aussehen nach und schossen dabei – sehr zum Vergnügen des Publikums – manchmal weit über das Ziel hinaus. Das Stück sucht nach der Rolle schwarzer Künstler und Künstlerinnen in einer von weißen Menschen dominierten Unterhaltungsindustrie, ohne jedoch endgültige Antworten zu liefern. Es nutzt aber geschickt die Chance, laut Fragen zu stellen und Anregungen zum Gedankenaustausch zu geben.

Sebastian Weber in „The Long Run“.
Foto: Vilma Kananen

Des öfteren zu Gast beim Festival „Theater in Bewegung“ war bereits Sebastian Weber aus Leipzig mit seiner Dance Company. Diesmal ist er mit einem Solo zu sehen: in seinem Programm „The Long Run“ stellt der Tänzer sich die Frage, ob er als immer älter werdender weißer Choreograph und Künstler in einer sehr internationalen und immer diverser werdenden Tanzwelt überhaupt noch sichtbar ist. Ein fragender Blick nach vorne, der zudem auch auf eigene Erfahrungen zurückschaut: Sebastian Weber erlebte Anfang der 90er während eines Aufenthaltes in New York die ursprünglich schwarze Stepptanz-Szene hautnah und als einen Ort der Gemeinschaft, der Rassismus hinter sich gelassen hat. 30 Jahre später scheint dies in Vergessenheit geraten zu sein. Eine neue Form von Rassismus und Privilegien hat sich ihren Raum erobert. War die damalige Zeit nur ein Irrtum? Und wenn ja, kann man diesen korrigieren?

Liveschalte nach Shanghai

Der bekannteste Name im diesjährigen Programm dürfte Jérôme Bel aus Frankreich sein, der gemeinsam mit der Tänzerin Xiao Ke aus Shanghai ihre Karriere als Interpretin traditioneller und zeitgenössischer Tänze untersucht. Das geschieht aber nicht durch einen persönlichen Besuch der Tänzerin in Jena. Nein, es wird eine Liveschalte in das Zuhause von Xiao Ke geben. Der Choreograf wird über eine Leinwand im Theaterhaus mit der Tänzerin kommunizieren, während sie in ihrem Wohnzimmer über ihr Leben erzählen und performen wird – und damit auch indirekt über die Kulturgeschichte Chinas. Jérôme Bel hat während der Coronazeit Gefallen an Formaten gefunden, die eine persönliche Anwesenheit der Künstler und Künstlerinnen nicht zwingend notwendig machen. Eine spannende Aufführung, bei der nicht nur der Inhalt zu überzeugen weiß, sondern auch die Technik mitspielen muss.

Szene aus dem Tanztheater von Sofia Nappi.
Foto: Maks Richter

Am 09. und 10. November geht es auf eine individuelle Sinnsuche. Zeit unseres Lebens packen wir Menschen alles Erlebte auf unsere Seele – für Einige ein manchmal nur schwer zu transportierender Ballast. Symbolisiert wird dies durch Masken, welche die Tänzerinnen und Tänzer im Stück „KOMOCO“ der Choreografin Sofia Nappi tragen. Im Laufe des Abends werden diese allerdings abgelegt, um ganz im Hier und Jetzt zu sein – dargestellt in einer sehr intensiven tänzerischen Arbeit, die viel mit Körpersprache spielt. Garniert werden die beiden Darbietungen durch tolle Musik von unter anderem Arvo Pärt, Henry Purcell und Nils Frahm.

Humorvoller Abschluss

Das letzte Stück des Festivals ist hingegen vollkommen losgelöst von der Suche nach Identitäten und setzt auf einen humorvollen Abschluss. „Hippana.Maleta“ der Show Runners ist eine Inszenierung aus dem neuen Zirkusbereich, in welchem zwei Jongleure mit Pleiten, Pech und Pannen durch den Abend tanzen. Die unterhaltsame Aufführung ist ein Familienstück und beginnt deswegen bereits um 19 Uhr, während alle anderen Aufführungen um 20 Uhr starten. Apropos Familien: Erstmalig wird es zum Festival auch Kinderkarten für alle Vorstellungen geben. Für Besucher und Besucherinnen bis 14 Jahre werden die Tickets lediglich 6 Euro kosten.

Neben dem Theaterhaus steht auch der Trafo in der Nollendorfer Straße als Veranstaltungsort auf dem Spielplan. Dort wird aber keine Tanzperformance zu sehen sein, sondern der Film „Dancer in the Dark“ von Lars von Trier mit der isländischen Sängerin Björk in der Hauptrolle.

Theater in Bewegung: vom 03.11. – 11.11.2023 im Theaterhaus Jena sowie im Trafo in der Nollendorfer Straße. Das vollständige Programm, weitere Informationen sowie Karten sind zu finden unter www.theater-in-bewegung.de und www.theaterhaus-jena.de!

Dieser Text erschien in Ausgabe 154 im Stadtmagazin07.